Bahnlinie Ulm Augsburg

     

    Augsburger Allgemeine 10.11.2023
    Bahn könnte nah an die Häuser heranrücken
    Die Planungen für die neue Bahnstrecke Augsburg-Ulm werden jetzt konkret. Die Stadt hat eine Wunschvariante benannt. Bei Anwohnern stößt sie auf wenig Gegenliebe.

    Auf den Ackerflächen am Bärenkeller könnte die Neubaustrecke Augsburg-Ulm entstehen. Schilder des Bürgerinitiativen-Zusammenschlusses „BISCHT“ markieren den Verlauf.Foto: Michael Hochgemuth (Archivbild)

    VON STEFAN KROG

    Im Planungsverfahren für die Bahnlinie Augsburg–Ulm würde die Stadt Augsburg auf ihrem Stadtgebiet eine Neubaustrecke zwischen dem Bärenkeller und dem Güterverkehrszentrum bevorzugen. Die neue Bahnlinie würde dabei bis auf etwa 150 Meter Minimalabstand an den Siedlungsrand des Bärenkellers heranrücken und die Siedlung am Gablinger Weg noch näher berühren, in der Abwägung sei diese Variante (türkis; siehe Karte) aber am besten, so die Stadt. Im Bärenkeller ist man allerdings mit allen Varianten der Deutschen Bahn nicht glücklich. „Wir sehen uns als Verlierer“, sagt Frank Michael Liegel, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Bärenkeller-Nord.

    Wie berichtet plant die Deutsche Bahn einen Neu- oder Ausbau der Strecke, um die Fahrzeit für den Fernverkehr auf 26 Minuten zu verkürzen. Ziel ist es, Augsburg und Ulm im sogenannten Deutschlandtakt unterzubringen, der regelmäßige Fahrzeiten zwischen Großstädten mit entsprechenden Anschlussmöglichkeiten zum Ziel hat. Im seit vier Jahren laufenden Planungsprozess steht nun ein Meilenstein an: Die Deutsche Bahn hat vier Varianten an die Regierung von Schwaben übergeben, die jetzt Stellungnahmen von Verbänden und allen anliegenden Gemeinden einholt. Die Frist endet nach Verlängerung kommende Woche. Die Regierung von Schwaben schaut sich die Varianten samt Stellungnahmen an und gibt dann eine raumplanerische Beurteilung ab – berücksichtigt werden dabei Dinge wie die Zerschneidung der Fläche durch eine neue Bahnlinie und ökologische Faktoren. Auf dieser Grundlage und eigenen Erwägungen wählt die Deutsche Bahn dann eine Trasse aus, die sie dem Bundestag 2025 zur Entscheidung vorlegen möchte.

    Grob gesagt geht es dabei um einen Ausbau der Bestandsstrecke oder einen Neubau entlang der Autobahn, beides mit Untervarianten. Letztlich werden aus Sicht der Bahn dabei auch Dinge wie Baustellenabwicklung und betriebliche Überlegungen eine Rolle spielen, in der jetzigen Beteiligungsphase (beim eigentlichen Genehmigungsverfahren werden Betroffene dann noch mal gehört) können aber die Kommunen und Verbände schon mal ihre Belange vorbringen. In Augsburg selbst liefe der Aus- oder Neubau entweder darauf hinaus, dass die Bestandsstrecke (violett in der Karte), die auf einem tiefergelegten Gleis mit Lärmschutzwällen durch den Bärenkeller in Richtung Neusäß läuft, ausgebaut und verbreitert wird. Allerdings sind die Verhältnisse dort sehr beengt – vermutlich müsste dann in 29 Wohngrundstücke eingegriffen werden, das Neubaugebiet in der Straße Am Wachtelschlag könnte so womöglich auch nicht entstehen. Zudem fürchtet die Stadt dann, dass aus Platzgründen eine Reaktivierung des Haltepunkts in der Hirblinger Straße nicht mehr möglich sein könnte.

    Favorisiert wird darum ein Neubau der Strecke im Augsburger Stadtgebiet, was faktisch eine Neubautrasse entlang der Autobahn bedeuten würde. Die Neubaustrecke soll dabei vom bestehenden Gleis abzweigen und über die Ackerflächen zwischen dem Bärenkeller und dem Güterverkehrszentrum in Richtung Autobahn verlaufen. Eine Variante (orange) würde dabei mitten auf den Feldern verlaufen. Die Stadt sieht das aufgrund der Flächenzerschneidung und der stärkeren Betroffenheit des Siedlungsrandes im Bärenkeller kritisch. Die von der Stadt favorisierte Trasse (türkis) läuft am Ostrand des Ackers in größerer Entfernung zum Bärenkeller und nahe am Güterverkehrszentrum.

    Aus Sicht der Bewohner im Bärenkeller ist das zwar besser als die orange Variante, glücklich ist man dort aber nicht. 200 Unterschriften von Anwohnern hat Siedler-Gemeinschaftsvorsitzender Liegel bei der Regierung von Schwaben eingereicht. Dass das bei der Beurteilung keine Rolle spielt, weiß auch Liegel, man wolle aber deutlich machen, dass es nicht nur um eine Handvoll Betroffene geht. Manche Bewohner hätten am Siedlungsrand vor Jahren neu gebaut, ohne zu wissen, dass sie nun eine Bahnlinie vor die Nase gesetzt bekommen.

    „Die Leute sind stocksauer“, so Liegel. Er würde eine noch stärkere Verlagerung in Richtung GVZ wünschen. „Aber bei der Planung hat man die Bahnlinie nicht berücksichtigt.“ Inzwischen stehe am Westrand des GVZ ja das Hotel, das zuletzt Schlagzeilen als geplante Flüchtlingsunterkunft machte. „Ich sehe uns als Verlierer“, sagt Liegel. Leise sei es im Stadtteil aufgrund der Autobahn, des Güterverkehrszentrums und der bestehenden Bahnlinie schon jetzt nicht.

    Man könne nur hoffen, dass die Bahn sich zu einer Tieferlegung des Gleises aus Lärmschutzgründen entschließe. Es gebe auch einige Anwohner, die im Fall einer Genehmigung dieser Trasse in einigen Jahren über eine Klage nachdenken. Kommentar

    Bahn Ulm Augsburg Plan

     

     

    Augsburger Allgemeine 10.11.2023 Kommentar von Stefan Krog
    Die Bahntrasse wird kommen

    VON STEFAN KROG

    Während sich die Umlandgemeinden in ihren Stellungnahmen im Raumordnungsverfahren zur Bahnlinie Augsburg-Ulm meist darum bemühen, die Bahntrasse nach Möglichkeit nicht vor die eigene Haustür zu bekommen, ist beim Bärenkeller relativ klar, dass er von dem Aus- oder Neubau betroffen sein wird. Es geht nur um die Frage, ob im Osten oder in der Mitte des Stadtteils. Aus Sicht der Bürger im Bärenkeller ist das die Wahl zwischen Pest und Cholera.

    Gleichwohl braucht es mehr Gleiskapazitäten in Richtung Ulm, um den Fernverkehr zu beschleunigen und Augsburg als Deutschlandtakt-Knoten zu qualifizieren. Ebenso wichtig ist, dem Nahverkehr endlich mehr Platz zu verschaffen, damit ein dichter minutengenauer Takt gefahren werden kann und die Verspätungen eingedämmt werden.

    Worauf es für den Bärenkeller jetzt ankommt: Wenn die gewünschte Variante so kommen sollte (was überhaupt noch nicht feststeht), dann sollte der Lärmschutz bestmöglich ausgebaut werden. Falls die Bahnlinie die Autobahn in einer Unterführung quert, muss die Bahnstrecke ohnehin schon einige hundert Meter vorher in Tieflage geführt werden, was für den Lärmschutz besser ist. Falls die Autobahn auf einer Brücke überquert wird, wäre das Gegenteil der Fall.

    Und was zumindest ein Gewinn für den Bärenkeller wäre: die Wiedereinführung des Bahnhalts an der Hirblinger Straße. Das könnte die Akzeptanz insgesamt zumindest etwas steigern.