Artikel in der Augsburger Allgemeinen vom Samstag, 09.09.2023

    Samstag, 09.09.2023
    Wenn Spielplätz-Lärm zum Ärgernis wird
    Stadtverwaltung und Polizei werden täglich mit Beschwerden über Ruhestörungen konfrontiert.
    VON MICHAEL HÖRMANN

    Augsburg erlebt einen heißen Sommer – mit allen Sonnen- und Schattenseiten: Die Menschen sitzen im Freien, feiern, hören Musik und haben Spaß. Manche Privatparty im Grünen und in Wohngebieten dauert teils bis tief in die Nacht, und natürlich kann es dabei auch laut werden. Immer wieder wird in solchen Fällen die Polizei gerufen, doch es muss sich nicht unbedingt um Partys handeln. Auch laute Kinder und Jugendliche auf Spielplätzen sind für Anwohner immer wieder ein Problem. Stadt und Polizei haben zu diesem Thema eine klare Meinung.

    Beispiel eins. In der Wohnanlage Klein-Venedig lärmen gegen 19.30 Uhr zehn Kinder neben einem Spielplatz. Sie radeln im Kreis und kreischen. Ein Mann im angrenzenden Wohnblock brüllt: „Geht endlich nach Hause. Ich will auch mal meine Ruhe haben.“ Eltern der spielenden Kinder sind nicht zu sehen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Mann über Lärm nach 19 Uhr beklagt – eine Zeit, zu der es eigentlich schon ruhig sein sollte, wie ein Schild informiert: Um 19 Uhr solle Schluss am Spielplatz sein, ist zu lesen.

    Beispiel zwei. Ein Ehepaar wohnt im Bärenkeller in einer Wohnanlage. Der Lärmpegel dort sei unerträglich, schildert die Frau, die sich an unsere Redaktion gewandt hat. Sie habe im Vorjahr eine Unterschriftenaktion im Haus gegen den Lärm gestartet. Die Liste sei an die Verantwortlichen der Stadt und an die Polizei gesandt worden. Eine Rückmeldung habe es nicht gegeben. Die Frau informiert, dass am Spielplatz die Nutzung bis 22 Uhr erlaubt sei. Lärmverursacher am Abend sind aber nicht Kinder, sondern Jugendliche. „Spricht man sie an, wird man übelst beleidigt und bedroht“, klagt die Anwohnerin. Mittlerweile sitze das Ehepaar mit Kopfhörern auf der Terrasse. Nicht jeder Anwohner sei genervt, betont die Frau. Nach ihren Worten sind aber die meisten Nachbarn sauer. Da es sich um eine Eigentumswohnung handle, falle dem Ehepaar ein Umzug schwer.

    Ärger gibt es andernorts ebenfalls. So fühlen sich manche Anwohner im Domviertel durch nächtlichen Lärm regelmäßig um den Schlaf gebracht. In Oberhausen stören sich einzelne Anwohner am Lärm, der von Konzerten am Gaswerkgelände verursacht wird. Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) weiß um die Diskussionen: „Grundsätzlich ist Lärmschutz ein wichtiger Aspekt, der auch durch Regelungen, zum Beispiel der Nachtruhe ab 22 Uhr, geschützt ist.“ Für ihn habe der Lärmschutz hohen Stellenwert, da er auch eng mit dem Gesundheitsschutz verbunden sei.

    Lärmende Kinder am Spielplatz sind für Pintsch aber kein Fall, um ordnungspolitisch einzugreifen: „Sehr wichtig und von elementarer Bedeutung ist, dass sich Kinder in unserer Stadt und ihrem Wohngebiet wohlfühlen, kind- und altersgerecht aufwachsen und sich treffen und spielend betätigen können.“ Es liege in der Natur der Sache, dass Spielplätze durch Kinder genutzt werden. Pintsch: „Dies werden wir sicher nicht regulieren, da dies rechtlich im Rahmen der zeitlichen Grenzen absolut zulässig und pädagogisch gewünscht ist.“ Auch werde die Geräuschentwicklung von spielenden Kindern nach der bayerischen Gesetzgebung im Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen ausdrücklich privilegiert.

    Beim privaten Spielplatz in einer Wohnanlage wirbt der CSU-Politiker für Toleranz: „Der Spielplatz wurde vermutlich geschaffen, dass dort wohnende Kinder diesen adäquat benutzen – nämlich als Kinder im Freien spielen.“ Augsburg sei eine familien- und kinderfreundliche Stadt, die Kindern und Jugendlichen entsprechende Freiräume geben möchte: „Dies ist kein Freifahrtschein für jegliches Verhalten, bei friedlich spielenden Kindern besteht jedoch keinerlei Anlass für ein Einschreiten außerhalb der Ruhezeiten.“ Dies gelte insbesondere in der Ferienzeit. Diese Einschätzung teilt die Polizei: „Spielende Kinder gehören im Wohngebiet zum allgemeinen Leben.“

    Bei friedlich spielenden Kindern bestehe seitens der Polizei im Normalfall kein Anlass für ein Einschreiten außerhalb der Ruhezeiten. Fünf Beschwerden wegen Ruhestörungen gebe es durchschnittlich am Tag im Stadtgebiet. Klagen über Ruhestörungen von Kindern seien aber äußerst selten, sagt eine Polizeisprecherin.

    Beamte seien geschult, wenn Ruhestörungen gemeldet würden. In der Regel wird zunächst das Gespräch mit dem Verursacher gesucht, viele Ruhestörungen können auf diesem Weg geklärt werden. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, so werden dem Verursacher zunächst mögliche Konsequenzen für den Fall aufgezeigt, dass er sein Verhalten fortsetzt. Dies können, so die Sprecherin, abhängig von den Umständen des Einzelfalls, Platzverweise, aber auch Ordnungswidrigkeitsanzeigen sein. Laut Pintsch gab es bis Ende August neun geahndete Verstöße wegen nächtlicher Ruhestörungen. Im Vorjahr waren es im Vergleichszeitraum 32 Fälle, im Jahr 2021 sogar 71. Lärmende Kinder seien nicht aktenkundig. Die Polizei informiert, dass die Zahl von Ruhestörungen konstant bleibe. Kommentar

    Leserbrief auf diesen Artikel

     

    Artikel Samstag, 09.09.2023 Augsburger Allgemeine Lokal:

    Wenn Spielplatz-Lärm zum Ärgernis wird

    Zunächst möchte ich mich bei Ordnungsamt und Polizei für ihre differenzierte Reaktion auf Beschwerden über Lärm am Spielplatz bedanken. Seit nunmehr 9 Monaten sind wir ebenfalls Anwohner am Stadtpark Bärenkeller und freuen uns über diese privilegierte Wohnsituation. Wir genießen die Natur schon morgens im Bett und später bei der Nutzung des Parkes. Morgens ist es das Gezwitscher der Vögel, besonders im Frühjahr, nachmittags ist es das fröhliche Treiben der Kinder und ihrer Eltern auf dem Spielplatz. Unsere Wahrnehmung des Stadtparkes ist eine völlig andere als die der Beschwerdeführer. Ich bin ziemlich sicher, dass die Mehrzahl der Nutznießer des Spielplatzes nicht über vergleichbar privilegierte Wohnverhältnisse verfügen wie die Beschwerdeführer und um so mehr auf die Freizeitgestaltung im öffentlichen Raum angewiesen sind. Weder können wir feststellen, dass die Abfallbelastung in diesem Raum durch die intensive Nutzung zugenommen hat, noch gibt es Anlass über zunehmende Lärmbelästigung.

    Ich hoffe, dass die Mehrzahl der Anwohner meine Eindrücke bestätigen können.